Kirche – Vision und Wirklichkeit
„Der Kirche eine Stimme geben“. Mit diesem Slogan will die Landeskirche Menschen motivieren, sich an der Kirchenwahl zu beteiligen und damit über den eigenen Kirchturm hinauszublicken. Die Kirchenwahl rückt’s ins Bewusstsein, im Alltag von Gemeindegliedern, von Pfarrerinnen und Pfarrern aber gerät es manchmal aus dem Blick: Kirche ist mehr als die eigene Gemeinde oder der Oberkirchenrat. Neben der einen Wahlstimme, die jeder und jede von uns hat, sind viele Stimmen der Kirche hörbar: Kirche als Arbeitgeberin und betriebswirtschaftlichen Grundsätzen verpflichtetes Unternehmen? Kirche als Körperschaft öffentlichen Rechtes und Partnerin des Staates in Sachen Bildung? Kirche als Gemeinschaft der Heiligen? Kirche – Vision und Wirklichkeit.
Als „berufene Dienerinnen und Diener der Kirche“ geben auch wir der Kirche Stimme und Gesicht – als gut abgesicherte Vertreterinnen und Vertreter einer überholten Institution oder als Visionäre der Freiheit? Welche Vision und Wirklichkeit leitet uns?
Vision und Wirklichkeit sollen zur Sprache kommen. „(Volks-) Kirche vor der Tagesordnung der Welt“ – unter diesem Titel steht der Einführungsvortrag von Joachim Beck. Marlehn Thieme und Prof. Dr. Jürgen Kampmann nehmen uns mit hinein in die Diskussion um die umstrittenen Visionen der „Kirche der Freiheit“, die die EKD vorgelegt hat.
Vision und Wirklichkeit. Wie die Wirklichkeiten aussehen bei uns in Württemberg und welche Visionen zum Beispiel auf dem Boden der Realität von Gemeindefusionen, Fundraisingprojekten oder einer steigenden Zahl von „Alten“ in der Kirche wachsen, diesen Fragen werden wir in verschiedenen Workshops nachgehen.
Welche Kirche wollen wir? Darüber diskutieren die Gäste auf dem Podium, Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Diakonie und Gesellschaft.
„Der Kirche eine Stimme geben“. Bringt Eure Stimme ein auf der Herbstkonferenz: Die Herbstkonferenz 2007 – Vision und Wirklichkeit. Ihr seid herzlich eingeladen!
Leistung aus Leidenschaft – Leistung aus Gewissheit
Vision und Wirklichkeit der Kirche. Unter diesem Thema haben sich die Vikarinnen und Vikare sowie die Unständigen Pfarrerinnen und Pfarrer zur diesjährigen Herbstkonferenz getroffen, um sich durch Vorträge, Diskussionen und Workshops mit dem Thema Kirche auseinanderzusetzen. Ausgangspunkt war dabei das Impulspapier der EKD „Kirche der Freiheit“.
Wie stellen wir uns die Kirche der Zukunft vor? Auch die junge Generation von Pfarrerinnen und Pfarrern ist sich da nicht einig. Und gerade das war das Spannende an dieser Herbstkonferenz: Es gab immer wieder Konfliktstoff. Zu Beginn legte Joachim Beck, Geschäftsführender Direktor der Ev. Akademie Bad Boll, seine Vorstellungen von der „Volkskirche vor der Tagesordnung der Welt“ dar. Marlen Thieme war erfreut darüber, dass sie ihr Thema, das „Freiheitspapier“, einmal nicht vor Ruhestandspfarrern, sondern vor der jungen Generation von Pfarrerinnen und Pfarrern ausbreiten durfte. Frau Thieme ist Direktorin bei der Deutschen Bank und hat als Mitglied des Rates der EKD an dem Impulspapier mitgearbeitet. Und so schilderte sie, warum die EKD dieses Thema auf die Agenda gebracht hatte. Nüchtern, mittels Power-Point-Vortrag. Pfarrerinnen und Pfarrer sollten keine Scheu haben, sich über Qualität und volle oder leere Kirchen zu unterhalten. Erfolg sei nicht das Ziel des Impulspapiers, aber man werde es sich doch wohl noch mal vorstellen dürfen.
Dagegen stellte Prof. Jürgen Kampmann (Kirchenhistoriker an der Uni Tübingen) fest, dass es den Christen in der Bibel nicht aufgetragen sei, eine Zukunftsschau zu betreiben und bezeichnete die „Leuchtfeuer“ des Impulspapier als „Irrlichter“, um zu zeigen, wie das Impulspapier mehr mit Emotionen spiele, als mit Fakten hantiere. Im Übrigen werde mit diesem Impulspapier immer mehr eine Kirche von Oben nach Unten verordnet, anstatt die Kirche von Unten nach Oben aufzubauen.
Auch die Teilnehmer der Herbstkonferenz sahen wahlweise das Heil in betriebswirtschaftlicher Zahlenakrobatik und Aktionismus oder eben im Vertrauen darauf, dass der Herr die Kirche weiterhin erhalten werde.
Und doch wurde in den Workshops nach ERFOLGREICHEN Modellen gefragt: Warum ist der Nachteulengottesdienst in Ludwigsburg so ein Renner? Wie kann eine Fusion von Gemeinden nicht nur ein Verlust, sondern auch ein Gewinn sein? Wie kann die Kirche weitere finanzielle Mittel erhalten? Die Kirche muss ja wenigstens auf die Dinge reagieren, die die Tagesordnung der Welt ihr vorgibt.
Soll man sich Erfolg mal vorstellen dürfen, wie Frau Thieme es vorgeschlagen hat, oder ist das schon das Einfalltor zur Leistung aus Leidenschaft? Manchem Teilnehmer der Konferenz wurde da unwohl. Und doch: Als Frau Thieme und Prof. Kampmann sich noch einmal über die strittigen Punkte unterhielten, herrschte oftmals Einigkeit und Kopfnicken auf beiden Seiten. Das eine scheint ohne das andere nicht zu gehen: Leistung aus Gewissheit.
Markus Eckert und Ingo Bauer (für a+b 23.2007)