Herbstkonferenz mal anders – Tag der Begegnung 2021
Die Herbstkonferenz ist eine selbstorganisierte Fortbildungsveranstaltung der Unständigen in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Sie findet in der Regel unmittelbar vor den Herbstferien für insgesamt vier Tage in der Evangelischen Akademie Bad Boll statt. Jedes Jahr wird gemeinsam ein Thema gewählt, zu dem sich dann ein Vorbereitungsteam zusammenfindet. Am vierten Tag findet traditionell die Vollversammlung der VUV – der Vereinigung unständiger Pfarrerinnen und Pfarrer, Vikarinnen und Vikare in Württemberg – statt. In diesem Jahr gab es aufgrund der aktuellen Umstände ein verkürztes Format: den Tag der Begegnung, mit einem Vortrag von Pfarrer Klaus-Peter Lüdke zum Thema „Queer mit Gott“, Zeit für Gespräche und der VUV-Vollversammlung, die sich unter anderem mit einer Umfrage unter den Unständigen, wie sie in Zukunft arbeiten, wohnen und leben wollen, widmete.
Überwiegend gute Laune herrschte beim „Tag der Begegnung“.
Nachdem im letzten Jahr die Herbstkonferenz zum Thema „Spielen“ pandemiebedingt leider ganz ausfallen musste, war auch in diesem Jahr lange nicht klar, ob und wenn ja, in welchem Format, die Herbstkonferenz überhaupt stattfinden kann. Erschwerend kam hinzu, dass in diesem Jahr ein Personalwechsel in der Geschäftsführung stattgefunden hat. Somit standen kurzfristige Planungen und Entscheidungen auf der Tagesordnung. Bereits im Juli wurde das viertägige Format in Bad Boll wegen der Planungsunsicherheiten abgesagt.
Erfreulicherweise konnte stattdessen am 25. Oktober ein Tag der Begegnung im Waldheim Degerlochstattfinden, auf dem sich rund 50 unständige Pfarrer:innen und Vikar:innen begegnen, austauschen und vernetzen konnten. Wie sich zu Beginn des Tags der Begegnung gezeigt hat, war die überwiegende Zahl der Teilnehmenden noch nie auf einer Herbstkonferenz, um den ausführlichen Austausch mit Kolleginnen und Kollegen zu erleben. Der Tag der Begegnung war so nach zahlreichen digitalen Meetings im Pfarramt eine willkommene Abwechslung. Das Lied zum Auftakt der Veranstaltung fasst den Geist dieses Tags der Begegnung treffend zusammen: Wir wollen aufstehn, aufeinander zugehn, voneinander lernen, miteinander umzugehn.
Klaus-Peter Lüdke sprach zum Thema „Queer mit Gott“.
Das Programm bot eine Herbstkonferenz im Kurzformat. Nach einem gemeinsamen Brezelfrühstück sprach Pfarrer Klaus-Peter Lüdke aus Altensteig zum Thema „Queer mit Gott“. Er hat in diesem Jahr ein Buch mit demselben Titel veröffentlicht und verbindet mit dem Thema persönliche Erfahrungen: Sein Kind ist transident. Bereits 2018 erschien von ihm das Buch „Jesus liebt trans“. In seinem Vortrag betonte Lüdke, dass Gott die queere Vielfalt bejahe und ohne Vorbehalte von Menschen erzähle, deren Geschlechtsidentität vom eigenen Körper abweicht. Queeres Leben sei der Bibel absolut nicht fremd. Gott habe auch die Übergänge geschaffen: Abend, Morgen, die Dämmerung. Als ein Beispiel nannte der Altensteiger die Josefsgeschichte. Josef erlebe sich selbst als Mädchen. Er – oder in diesem Sinne besser sie – trug der Wortherkunft nach ein „Prinzesinnenkleid“. Der Vater Jakob unterstützt das. Er fertige seiner Tochter das Prinzesinnenkleid und verneige sich vor ihr. Er liebe sie so, wie Gott sie geschaffen habe, betonte Lüdke.
Im Anschluss an die Diskussion mit dem Referenten konnte die Mittagspause zum Verweilen am Büchertisch des Calwer-Verlags, Gesprächen, Spaziergängen und vielem mehr genutzt werden. Außerdem wurden verschiedene Themenvorschläge für die Herbstkonferenz 2022 gesammelt, die hoffentlich wieder im gewohnten Format in Bad Boll stattfinden kann. Nach der Mittagspause fand als Auftakt der VUV-Vollversammlung in mehreren Wahlgängen die Wahl des neuen Themas statt: Mit einer deutlichen Mehrheit wurde „Pfarramt der Zukunft – Pfarramt im Wandel“ als neues Thema abgestimmt, wozu sich auch gleich ein neues Vorbereitungsteam von rund zehn Personen gebildet hat. 2020 wäre eigentlich das Thema „Spielen“ dran gewesen, konnte aufgrund der aktuellen Umstände aber leider nicht umgesetzt werden. Denn 2020 musste die Herbstkonferenz ganz ausfallen und das Thema, zu dem verschiedene praktische Workshops und Präsentationen angedacht waren, sollte im eintägigen Format des Tags der Begegnung in diesem Jahr nicht durch einen Vortrag verbrannt werden. Nun liegt es jedoch erst einmal auf Eis. Da das Thema „Spielen“ es im Rahmen mehrerer Wahlgänge wieder in die letzte Stichwahl geschafft hat, wird deutlich, dass es nach wie vor für die Unständigen von großem Interesse ist. Es ist also nicht ausgeschlossen, dass das Thema noch einmal gewählt wird. Vielleicht wird ja ein neues Vorbereitungsteam einmal von der Vorarbeit durch das alte Vorbereitungsteam profitieren.
Rund 50 Unständige nahmen an der diesjährigen Herbstkonferenz teil.
Nach der Wahl des neuen Themas fand die Vollversammlung der VUV statt. Geschäftsführerin Meike Zyball informierte darüber, womit sich die VUV im vergangenen Jahr beschäftigt hat. Natürlich waren auch hier die Corona-Pandemie und ihre vielfältigen Auswirkungen, zum Beispiel auf Prüfungen, ein wichtiges Thema. Wie jedes Jahr wurde auf der Vollversammlung ein neuer Vorstand gewählt. Nach zwei Jahren als Geschäftsführerin stellte sich Meike Zyball nicht wieder für den Vorstand zur Wahl (s. „Drei Fragen an…“). Daneben beschäftigten sich die Teilnehmenden mit einer Umfrage, bei der alle Unständigen teilnehmen konnten (zur Zeitpunkt der Vollversammlung lief die Umfrage noch), bei der es unter anderem darum geht: Wie wollen wir im Pfarrberuf arbeiten? Wie wollen wir wohnen? Wir kriegen wir Beruf und Familie unter einen (gut sitzenden) Hut? Insgesamt stieß die Umfrage unter den unständigen Kolleginnen und Kollegen auf großes Interesse. Ein hoher Prozentsatz hat sich beteiligt. Initiiert, erstellt und vorgestellt wurde sie von zwei Vikarinnen und Vikaren. Außerdem diskutierte die VUV über den Umgang der Kirchenleitung mit Vikarinnen und Vikaren sowie Pfarrerinnen und Pfarrer in interkonfessionellen Beziehungen.
Gegen 16.30 Uhr endete der Tag der Begegnung mit vielen guten Rückmeldungen, in denen zum einen die Freude darüber zum Ausdruck kam, dass überhaupt eine konkrete und unkomplizierte Begegnung der Unständigen stattfinden konnte, und zum anderen das Bedürfnis nach dem bewährten längeren Format in Bad Boll geäußert wurde. Da hieß es zum Beispiel: „Gerade als „Neuer“, für den es bisher noch keine Herbstkonferenz gab, war diese Form des Austauschs und Vernetzens sehr wichtig und es hat Lust auf mehr gemacht.“
Alles in allem war es demnach ein rundum gelungener Tag, der gezeigt hat, wie wichtig der konkrete Austausch der Berufsanfängerinnen und Berufsanfänger im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung wie der Herbstkonferenz ist, die im nächsten Jahr hoffentlich wieder im traditionellen Format stattfinden wird!
Christina Drobe und Malte Jericke